Das Musée Mode&Dentelle in Brüssel zeigt eine Retrospektive der Herrenmode
Dries van Noten, Jean Paul Knott, Kris van Assche, Hedi Slimne, Riccardo Tisci, Jean Paul Gaultier und zahlreiche weitere Designer, feiern nicht nur mit Damenkollektion Erfolge, sondern ebenfalls mit Herrenmode. Das „Musée Mode & Dentelle“ in Brüssel hat als erstes belgisches Museum dieses Phänomen aufgegriffen und zeigt mit der Ausstellung „Masculinités“ die Art und Weise, mit der die zeitgenössische Mode die Evolution des Begriffs Maskulinität vorantreibt.
Modemuseen sind im Prinzip der Damenmode gewidmet, in denen die Herrenmode nur einen minimalen Teil ein nimmt, obwohl sie die Hälfte der gesamten Bekleidung ausmacht. Der Grund dafür liegt wohl in der Tatsache, dass Männer lange Zeit keinen Wert auf modische Bekleidung legten. Heute hat sich das geändert und die Herrenmode scheint ein richtiges goldenes Zeitalter zu durchleben. Die Fashion Weeks der Herrentrends sind feste Institutionen und laufen dem Prêt à porter der Damen fast den Rang ab.
Für das Brüsseler Museum war dies ein Anlass, die Herrenmode vom 18. Jahrhundert bis zur aktuellen androgynen Mode zu beleuchten. Die erwartete Rolle der Männer in der Gesellschaft entwickelt sich permanent und wird ständig in Frage gestellt. Ein wichtiger Faktor ist hierbei die Mode, durch den sich Genre-Stereotypen ausdrücken und verewigen. Gleichzeitig ist sie aber eines der stärksten Werkzeuge, um etablierte Normen in Frage zu stellen.
Die Ausstellung zeigt, wie die Designer mit Codes spielen, um unsere Sicht auf den Mann und auch auf die Frau zu verändern. Selbst wenn nur wenige, prominente Männer ihre Modelle tragen, reicht das für alternative Visionen zur bestehenden Ordnung aus.
Rund 100 Kleidermodelle werden in der Ausstellung gezeigt, die aus mehreren Museen zusammengetragen wurden. Zwanzig belgische Modehäuser sind neben einer Vielzahl von großen internationalen Designern präsent.
Hier werden die Grundlagen des archetypischen Mannes deutlich, der zwischen verantwortungsvollen Familienvater und unerschrockenem Abenteurer hin und hergezogen wird. Dann wird gezeigt, welche kreativen Alternativen die Designer dem entgegen zu setzen haben.
Übten sich die Männer bis zur französischen Revolution im Konkurrenzkampf wie die Frauen in Seide, Stickereien Strass und Spitzen, so änderte sich das zum Ende des 18. Jahrhunderts: Die arbeitende Bourgeoisie trug einen dunklen Anzug.
Der Anzug, wie wir ihn kennen, etablierte sich zum Ende des 19. Jahrhunderts und ist bis heute je nach Situation unerlässlich. Weitere Themen sind dem Abenteuerer, dem Männerrock – Jean Paul Gaultier machte das feminine Kleidungsstück, das für den westlichen Mann eher ein Tabu war, salonfähig – oder dem Dandy gewidmet, der sich durch Eleganz und Rafinesse auszeichnet.
Die 60er Jahre des Swinging London revolutionierten die Mode. Farbe und dekorative Spielereien führten zur „Peacock Revolution“ als Referenz an den männlichen Pfau – seitdem eine Selbstverständlichkeit in den Herrenkollektionen.
Ab dem Ende der 90er Jahre reformierten Designer wie Raf Simmons und Hedi Slimane das Männerbild mit ultra schlanken Formen entgegen den Bodybuilding Silhouetten der 1980er. Sie setzten auf zerbrechliche Männer, weit enfernt von den Vorgaben des Patriarchats. (Fotos: Musée Mode & Dentelle)
Masculinités – bis zum 13. Juni 2021 Musée Mode & Dentelle Rue de la Violette 12 1000 Bruxelles